“Digitale” Diamanten – nicht nur schön sondern sicher

Diamanten und Bitcoin – auf den ersten Blick scheinen die wertvollen Edelsteine nichts mit der volatilen Crypto-Währung gemein zu haben. Das will IBM allerdings ändern: Bei einem Pilotprojekt zur Dokumentation der Schmuckstücke setzt der Technologiekonzern dieselbe Technologie ein wie die zur „Herstellung“ und Verwaltung von Bitcoin. Wie geht das?

Authentizität, Echtheit, Glaubwürdigkeit – für die Luxusindustrie ist das Vertrauen der Kunden Basis ihres Geschäftes. Ob Uhrenindustrie, Lederwaren, Juwelen, Kunst … – für den Preisaufschlag eines Luxusprodukts erwarten sich die Kunden, dass es einem gewissen exklusiven Anspruch gerecht wird. Vielfach können das Kunden spüren, sehen oder auf andere Weise erfahren, zum Beispiel durch besonders hochwertige Materialien oder Designs. Nichts desto Trotz machen Fälscher den Luxusunternehmen das Leben schwer. Studien zufolge hat alleine der Online-Vertieb gefälschter Luxusartikel 2017 einen Schaden von 30.3 Milliarden USD verursacht. Darin nicht eingerechnet ist der Reputationsverlust, wenn Kunden von der minderwertigen Qualität des scheinbar echten Produktes enttäuscht sind.

Vertrauen digital

Auf die stetig steigende Perfektion von Fälschungen können Luxusmarken mit Transparenz reagieren. Konkret kann das eine strikte Überwachung des Produktionsprozesses und verlässliche Überprüfung der Echtheit aller Materialien bedeuten, damit Kunden auch in Zukunft Luxusmarken vertrauen. IBM bringt dafür die Blockchain ins Spiel, das dezentrale Datenarchiv, auf denen Crypto-Währungen wie Blockchain aufbauen. Wir erinnern uns, das ist eine Technologie zur dezentralen Speicherung von Informationen, auf der auch Kryptowährungen wie Bitcoin aufbauen.

Für Luxusartikel soll die Blockchain nach Idee von IBM eine äusserst komplexe Aufgabe lösen: Vertrauen in die Qualität und Echtheit des Produktes digital „herzustellen“. Dafür wird die Lieferkette zur Herstellung einer Serie von Verlobungsringen von allen beteiligten Parteien durchgängig dokumentiert. Der Vorteil: Obwohl das Unternehmen das Produkt nicht zur Gänze selbst herstellt, können Herkunft und Qualität des Produktes nachvollzogen werden. Schmuckstücke sind dafür ein ideales Beispiel. Bei ihnen treffen wertvolle Rohstoffe auf einen komplexen, kunstfertigen Herstellungsprozess. Mit der unauslöschlichen Speicherung der Informationen auf der Blockchain erhofft sich IBM zusammen mit den anderen am Pilotprojekt beteiligten Unternehmen viele positive Effekte:

Von der Mine bis zum Juwelier – die digitale Vita eines Schmuckstücks

Der IT-Riese hat das Blockchain-Konzept „TrustChain“ im Frühjahr 2018 als Proof-of-Concept lanciert. Die Vita eines jeden Verlobungsringes wird, zum Schutz vor Fälschungen und für mehr Transparenz bei den Produktionsbedingungen, durchgängig auf der Blockchain dokumentiert – von der Mine über den Edelsteinschleifer und Goldschmied bis zum Juwelier. Zur Dokumentation aller Stationen werden hochauflösende Photos ebenso in der Blockchain gespeichert wie digitalisierte Kaufbelege, Echtheitszertifikate und Produktinformationen. Die Echtheit der Dokumente überwacht als unabhängiger Experte das Unternehmen UL.

“Digitale” Diamanten – nicht nur schön sondern sicher

„Es ist die erste End-to-End Industrieanwendung auf der Blockchain, bei der Vertrauen im Zentrum steht“ sagte der verantwortliche Manager von IBM Jason Kelley . Dieser digitale Mechanismus spart nicht nur Papier sondern auch Zeit. Das trifft insbesondere für den Fall zu, wenn Zweifel zu einer erneuten Überprüfung der Dokumente führen: „Wenn es einen Konflikt gibt muss man nicht anrufen und den Prozess quasi manuell nachvollziehen. Mit Klick auf eine Trusted Chain kann man unmittelbar erkennen was passiert ist“ so Kelley.

Bitcoin-Kritiker Buffet engagiert sich in Blockchain Use-Case

An der „TrustChain“ Initiative beteiligen sich unter anderem Edelmetall-Lieferant Leach Garner, Edelmetall-Verarbeiter Asahi Refiner und der Juwelen-Produzent Richline Group. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass mit der Richline Group ein Unternehmen dabei ist, das im Besitz des vielleicht lautesten Kritikers von Bitcoin ist: Investor Warren Buffet. Mit seiner Formulierung, Bitcoin sei „Rattengift hoch zwei,“ hatte er für grosses Aufsehen gesorgt. Via Berkshire Hathaway ist er nun an der Unternehmensgruppe beteiligt, die die dahinterstehende Blockchain-Technologie für den beispielhaften Use-Case nutzt.

“Digitale” Diamanten – nicht nur schön sondern sicher

Schmuck auf der Blockchain – und was ist mit den Kosten?

Laut TrustChain prüfen und dokumentieren die am Pilotprojekt teilnehmenden Unternehmen bereits ihre Rohstoffe und Ausgangsprodukte. Für sie ändert sich demnach nur die Art und Weise der Dokumentation. Mit einem Mehraufwand rechnen sie nur in der Testphase, wenn sich die neuen Prozesse einspielen. Sind alle erst einmal damit vertraut, rechnen die Projektbeteiligten mittel- bis langfristig mit einer effizienteren Bearbeitung der einzelnen Prüfungsprozesse. Das könnte sich tatsächlich positiv auf die Kosten auswirken.

Der Proof-of-Concept läuft übrigens noch. Die TrustChain Schmuckstücke sollen im Herbst 2018 in ausgewählten Shops von Helzberg Diamonds angeboten werden. Auch der des Juwelierhändler ist übrigens im Besitz von Berkshire Hathaway.

Sind diese Ringe erst einmal im Verkauf, will die Initiative ab 2019 die TrustChain breiter ausrollen. Sie hofft dabei auf die Unterstützung weiterer Unternehmen aus der Branche. Das wäre ein bedeutender Schritt zu mehr Sicherheit und Transparenz in der Schmuckindustrie und womöglich eine erste, umfassende Anwendung der Blockchain abseits der Krypto-Community.

Tilmann Schaal Tilmann Schaal ist seit über 15 Jahren in digitaler Kommunikation tätig und verantwortete bis Mai 2019 den Blog Perspectives und zwischen 2012 und 2018 den News-Blog von The Classic Car Trust.

Nehmen Sie Kontakt auf

Kontaktieren Sie uns, um eine persönliche Beratung und auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Lösungen für Ihr Portfolio zu erhalten.