Vermögenden stehen auf der Welt viele Türen offen. Doch ohne die richtigen Papiere können selbst sie nicht einfach in ein anderes Land reisen. Der beste Reisepass ist laut aktuellem Visa Restriction Index von Henley & Partners der Deutsche. Mit ihm lässt sich Visa-frei in 177 Länder reisen.
Auf Platz zwei ist Schweden, Platz drei teilen sich Finnland, Frankreich, Italien, Spanien und das Vereinigte Königreich. Als erster Staat ausserhalb Europas rangieren auf Platz vier die USA. Sie teilen sich den Platz mit Belgien, Dänemark und den Niederlanden. Von den asiatischen Staaten verfügen Japan und Singapur über die grösste Reisefreiheit: Sie können – wie die Australier – ohne Visa in 173 Länder einreisen.
In einer globalisierten Welt wollen insbesondere Vermögende den Luxus eines globalen Lifestyle geniessen. Die Frage nach dem Erwerb eines Passes, der mehr Reisefreiheit verpricht, ist für Personen bedeutend, die aufgrund ihrer Nationalität bei Reisen mit grossen bürokratischen Hindernissen kämpfen. Es geht zum Beispiel „für wohlhabende Osteuropäer oder Asiaten um das freiere und somit spontanere Reisen ohne langwierige und aufwändige Visa-Anträge,“ formuliert es Till Neumann, Experte für Staatsbürgerschaft und Residenzplanung.
Einzelne Personen, oft aber auch ganze Familien beschäftigen sich darüber hinaus auch aufgrund anderer Bedürfnisse mit dem Thema Staatsbürgerschaft. „Vielen Vermögenden geht es insbesondere um die Möglichkeit des längerfristigen Aufenthaltes in bestimmten Ländern“ ergänzt Benedikt Kaiser, Partner bei Kaiser Partner. Je nach Land öffnet der Reisepass auch den Zugang zu weiteren Staaten; Mit EU-Staatsbürgerschaft geniesst man Niederlassungsfreiheit in den Staaten der Union. „Gerade für Personen, die von politischer, religiöser oder ethnischer Verfolgung bedroht sind, ist ein zweiter Pass oftmals eine wichtige – auch psychologische – Stütze. Eine Staatsbürgerschaft kann im Gegensatz zu einer einfachen Aufenthaltsbewilligung ein umfassenderes Mass an Sicherheit gewährleisten, auch durch die diplomatische Betreuung im Ausland“ ergänzt der Experte für Family Office-Dienstleistungen Kaiser.
Wenn Benedikt Kaiser Vermögende beim Erwerb einer weiteren Staatsbürgerschaft unterstützt, führt er Gespräche, die thematisch sehr breit angelegt sind. „In engem Austausch miteinander gilt es das Thema Staatsbürgerschaft von verschiedenen Richtungen aus zu beleuchten. Dabei kommen Punkte wie Steuern, das individuelle Sicherheitsbedürfnis und die individuelle Anschauung von Freiheit ebenso zur Sprache wie politische und juristische Aspekte wie auch lokale Begebenheiten.“
"Gerade für Personen, die von politischer, religiöser oder ethnischer Verfolgung bedroht sind, ist ein zweiter Pass oftmals eine wichtige Stütze."
Benedikt Kaiser
Seit mehreren Jahren bieten einige Staaten Programme zum Erwerb ihrer Staatsbürgerschaft per Investment an. Das sind zum Beispiel Antigua und Barbuda, Malta, Vanuatu und Zypern. Diese sogenannten Citizenship-by-Investment (CBI) Programme sind nach Einschätzung von Till Neumann „mittlerweile salonfähig geworden.“ Ein Grund sie die gesetzliche Verankerung dieser Programme, die Bewerbern Rechtssicherheit in diesem Prozess gewähre. In den Gesetzen sind ausserdem umfassende Bedingungen festgelegt, die von den Antragstellern erfüllt werden müssen: „Die Compliance mit den immer strenger werdenden Richtlinien der prüfenden Behörden ist essentiell“ gibt Neumann zu bedenken. „Straffreiheit ist unabdingbar, selbst negative Medienberichte über einen Bewerber können dazu führen, dass die Bewerbung abgelehnt wird. Das gilt insbesondere dann, wenn die Behörden der Ansicht sind, dass die Einbürgerung ein Reputationsrisiko für das Staatsbürgerschaftsprogramm und das Land nach sich ziehen könnte.“
Mittlerweile setzen sich auch US-Amerikaner, aber auch immer mehr Westeuropäer, mit dem Thema auseinander. Sie fühlen sich häufig durch steuerliche Regelungen oder in Fragen der Banking Compliance in ihrem Recht auf Privatheit unverhältnismässig stark eingeschränkt.
Der Schritt in eine neue oder zusätzliche Staatsbürgerschaft wird für gewöhnlich nur einmal im Leben gemacht. Deshalb gilt es, die weltweit verfügbaren CBI-Programme und ihre Optionen zu vergleichen. „Die üblichen Investmentmöglichkeiten sind Immobilien, Spenden an einen Staatsfond, Firmengründungen oder Staatsanleihen“ so Neumann. „Die Investitionssummen variieren je nach Land, Grösse der Familie und Art des Investments.“ In einer Hinsicht sind diese Programme seiner Erfahrung nach unproblematisch: „Die Annahme der Staatsbürgerschaft eines Staates welcher ein CBI-Programm anbietet hat in den meisten Fällen keine Auswirkung auf steuerliche Pflichten, die Frage des Wohnsitzes oder den Militärdienst.“
Ausserhalb eines derartigen Programmes kann das wiederum problematischer sein, weiss Benedikt Kaiser: „Die US-Staatsbürgerschaft ist zum Beispiel durch die Besteuerung des weltweiten Vermögens – unabhängig davon ob man in den USA lebt oder nicht – für viele finanziell von Nachteil.“
Lernen Sie zwei Beispiele von populären CBI-Programmen kennen:
Die ehemalige Britische Kolonie St. Kitts & Nevis gilt als Pionier bei der Entwicklung von Staatsbürgerschaftsprogrammen. Seit 1984 können Interessierte per Investment die Staatsbürgerschaft der Karibikinseln erwerben. Damit ist das Programm Vorreiter. Mit dem Reisepass kann man ohne Visum in 132 Länder reisen, seit 2010 inklusive Zutritt zum Schengenraum. St. Kitts & Nevis verfügt auch über ein besonderes steuerliches Umfeld ohne Einkommens- und Kapitalertragssteuer. Das kann im Rahmen einer Finanz- und Steuerplanung für Vermögende von Vorteil sein.
Eine vierköpfige Familie muss laut Till Neumann in St. Kitts & Nevis mit einmaligen, nicht rückvergütbaren Kosten von ca. USD 350,000 rechnen. Entscheidet sie sich für ein Immobilieninvestment, belaufen sich die einmaligen Kosten auf etwa USD 175,000, zuzüglich Immobilieninvestment von mindestens USD 400,000. „Die Immobilie kann vermietet und darf nach frühestens fünf Jahren veräussert werden,“ erläutert Neumann.
Auch Zypern verfügt über ein CBI-Programm. „Der Erwerb einer Zypriotischen Staatsbürgerschaft mittels Investment durch nicht EU-Bürger gewann in den vergangenen Jahren an Momentum“ weiss George Economides, Experte für das zypriotische Einbürgerungsprogramm. „Als Antwort darauf hat die Regierung die Kriterien im Gegensatz zu den Programmen anderer EU-Mitglieder erleichtert.“
Wie und in was im Rahmen des zypriotische CBI-Programms investiert wird, dafür gibt es auf Zypern zahlreiche Varianten. Das investierte Geld bleibt zumeist erhalten, je nach Investitionsform kann der Antragsteller sogar einen Ertrag erwirtschaften. Investiert wird zum Beispiel in einen zypriotischen Staatsfond, in Unternehmen oder Immobilien.
„Zypern gehört mit 12,5% zu den Ländern mit dem niedrigsten Unternehmenssteuersatz. Das ist ein wichtiger Vorteil gerade auch, weil Zypern eine Reihe von Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung abgeschlossen hat.“ Investoren seien aber nicht per se steuerpflichtig, so Economides: „Die zypriotische Steuerpflicht hängt von der Aufenthaltsdauer ab, 183 Tage pro Jahr.“
Grundsätzlich muss der Teilnehmer am zypriotischen CBI-Programm die Investition mindestens drei Jahre halten. Ausserdem muss eine zypriotische Immobilie im Wert von mindestens 500.000 Euro erworben werden. „Diese muss lebenslang gehalten werden oder kann durch eine gleichwertige oder teurere Immobilie ersetzt werden. Die Immobilie kann auch an Dritte vermietet werden“ stellt Economides klar.
Eine besondere Variante des CBI-Programms ist die des kollektiven Investments: Mehrere Antragsteller können sich für ein gemeinsames Investment auf Zypern zusammentun. Die Mindestinvestitionssumme reduziert sich so für jeden Einzelnen. Gerade in diesem Fall sind die beteiligten Investoren sicher gut beraten, die Investition von einem neutralen Partner koordinieren zu lassen – damit diese über die Jahre auch wirklich hält und der Erfolg des CBI-Programms nicht durch etwaigen Streit gefährdet wird.
Der Erwerb einer Staatsbürgerschaft ist demnach nicht einfach ein neuer Reisepass. Visafreiheit ist für Bürger von Staaten, denen viele Reisebeschränkungen auferlegt sind, sicher zentral. Abgesehen davon kann der Wechsel der Staatsbürgerschaft auch vor unverhältnismässigem Eingriff in die Privatsphäre schützen. In beiden Fällen kann ein neutraler Berater helfen, rechtliche und finanzielle Folgen dieses Schritts einzuschätzen. Wenn dieser auch die persönlichen Vorlieben und die familiären Verhältnisse des Antragstellers berücksichtigt, unterstützt die neue Staatsbürgerschaft auch langfristig den globalen Lifestyle und den Schutz der Privatsphäre.