Classic Cars: Ernsthaftes Investment mit Fun-Faktor?

Die Flucht in Sachwerte bringt Classic Cars eine besondere Aufmerksamkeit. Die starke Wertentwicklung, sichtbar in Indizes wie Hagerty, unterstreicht dies. Wie geht es 2016 weiter? Ist es wirklich eine gute Idee, in den Jugendtraum zu investieren, der einen schon immer so sehr fasziniert hat?

Ein globaler Markt

Während die Aktienmärkte dazu tendieren, anfangs des neuen Jahres eine Atempause einzulegen, beginnt das Jahr für den Classic Car-Markt mit richtungsweisenden Events: Anfang 2016 fanden innerhalb zweier Wochen grosse Auktionen in Arizona und Paris statt. Bedeutung erlangten die Verkaufsveranstaltung durch die Menge der angebotenen Fahrzeuge wie auch deren Qualität.

RM Sotheby’s und Bonhams waren fast zeitgleich auf zwei Kontinenten aktiv. Dadurch konnten die Ergebnisse genauer miteinander verglichen werden. Diese unterschieden sich im Übrigen kaum von denen anderer renommierter Auktionshäuser wie Gooding & Company in Amerika und Artcurial in Europa. Die offensichtlichsten Zahlen, zum Beispiel der Anteil verkaufter Fahrzeuge, wiesen mit 84 – 85% nur kleine Unterschiede in der Höhe wenigen Prozent aus. Die Preisentwicklung wurde generell als äusserst positiv bewertet.

Abseits der in den Medien veröffentlichten Rekordpreise waren die Verkaufspreise häufig niedriger als der untere Schätzwert und jeweils niedriger als die Preise, die noch vor 12 Monaten erzielt wurden. Allerdings ist es unmöglich mit einer einzigen Einschätzung grundlegende Trends zu beschreiben, wenn Autos wie ein 30 Millionen Ferrari und ein Smart für 22.000 Euro in einen Topf geworfen werden – dafür sind einfach zu viele Unterschiede im Spiel. Und doch gibt es allgemeine Trends die eine Betrachtung Wert sind.

Einzigartigkeit ist wichtig – ebenso Währungsaspekte

Der Grundgedanke der Fahrzeuge mit Rekordpreisen verbindet – unabhängig davon ob es sich um den 30 Millionen-Ferrari oder einen Citroën 2CV Sahara für 172’000 Euro handelt – ist folgende Tatsache: Der Markt honoriert einzigartige Automobile mit bekannter und makelloser Historie, die gut gewartet oder perfekt restauriert sind. Tatsächlich bestätigen diese beiden Beispiele das, was für alle 30 Autos gilt, die Anfang 2016 bei Auktionen für einen Rekordpreis den Besitzer wechselten.

Der 1957er Ferrari 335 Sport mit einem Schätzwert zwischen 28 und 32 Millionen Euro erzielte bei der Paris-Auktion von Artcurial einen herausragenden Rekord; mit einem Verkaufspreis von 32.1 Millionen Euro, inklusive 10-prozentige Kommission auf das erfolgreiche Gebot. Das macht VIN-Nummer 0674 zum teuersten Fahrzeug in britischen Pfund und Euro, das bisher bei einer Auktion verkauft wurde. Es ist das zweitteuerste Auto, wenn man den US-Dollar als Massstab nimmt.

Classic Cars: Ernsthaftes Investment mit Fun-Faktor?

A propos Währung. Es gilt zu unterstreichen, dass eine Währungskorrektur wie zum Beispiel der Fall des Euro gegenüber dem US Dollar einen grossen Einfluss auf bestimmte Preise haben kann. Tatsächlich profitieren amerikanische Käufer vom 24-prozentigen Währungsunterschied. Im selben Moment werden europäische Käufer um ein Viertel abgestraft. Dadurch entstehen neue Ungleichheiten im Markt mit den amerikanischen Käufern auf der einen und den Europäern auf der anderen Seite.

Da Artcurials Rekord-Ferrari aus einer europäischen Sammlung stammt kann man, falls der Käufer Amerikaner ist, durchaus behaupten, dass er rund 7.5 Millionen Euro weniger bezahlt haben dürfte als noch vor 12 Monaten. Darüber hinaus sollte aber nicht vergessen werden, dass dieses Automobil aufgrund seiner Herkunft, seiner Einzigartigkeit und aufgrund der historischen und heutigen Renn-Historie eines der wichtigsten Fahrzeuge weltweit ist. In seiner neueren Geschichte wurde zudem eine Restauration von einem der bedeutenden Spezialisten ausgeführt und der Wagen nahm in einer Sammlung eine besondere Stellung ein.

Um bei Artcurial zu bleiben, auch der 1961 Citroën 2CV Sahara (VIN-Nummer AZ44 76) wurde vorab rekordverdächtig bewertet. Obwohl die Unterschiede zum Ferrari, nicht nur beim Preis, kaum grösser sein könnten, so tilt er mit dem Ferrari gemeinsame Gründe, warum gerade dieser 2CV auch einen Rekordpreis erreicht hat. Die Version ist sehr rar; vielleicht wichtiger ist, dass das Fahrzeug sehr gut erhalten ist und eine faszinierende, lückenlose Historie aufweist; und das mit einer bedeutenden Seriennummer.

Als führender Experte und seit über 20 Jahren Autor von „The Classic Car Yearbook“ hat der Automobilhistoriker Dr. Adolfo Orsi über die Jahre hinweg betont, dass identische Assets immer denselben Wert hätten; der Wert bei zwei identischen Classic Cars hingegen könne aufgrund der individuellen Geschichte, der Besitzer und des aktuellen Zustandes drastisch variieren.

Eine Verschnaufpause für weniger herausragende Fahrzeuge

Was nach dem Verkauf der Rekordfahrzeuge blieb war die grosse Menge schöner – aber eben nicht einzigartiger – Fahrzeuge. Sie verkauften sich häufig knapp unterhalb dem Schätzwert (auch wenn man nur den unteren Schätzwert heranzieht). Damit erreichten sie Preise, die auf dem Niveau von vor 12 Monaten lagen, vielleicht auch leicht darunter. Diese Zahlen sind in keinster Weise Zeichen einer Krise. Vielmehr ist dies eine Verschnaufpause die jeder gesunde Markt nach einer lang anhaltenden, ununterbrochenen Aufwärtsbewegung (mindestens 24 Monate) einlegt. Heute werden die Preise häufig von den Verkäufern bestimmt (und die Auktionshäuser akzeptieren diese fälschlicherweise) und die Schätzwerte beruhen dabei auf den beobachteten Schätzwerten, mit jüngst monatlichen Steigerungen.

Tatsächlich zeigen die erreichten Preise eine hohe Zahlungsbereitschaft der Käufer, jedoch nur bis zu Preisen im Rahmen der vergangenen 6 bis 12 Monate. Das sind 15 bis 20% weniger aber im Vergleich zu den Preisen von anfangs 2013 zwischen 70 und 100% mehr. Verbastelte Fahrzeuge oder solche mit unklarer Geschichte zeigen sich wenig attraktiv für den Markt. Sie sind schwierig zu verkaufen und müssen, falls notwendig, für sehr niedrige Preise den Besitzer wechseln. Die meisten Käufer wissen heute, wie aufwändig es bezüglich Zeit und Geld sein kann, um ein Fahrzeug ordentlich zu restaurieren.

Warum bleiben Scheunenfunde attraktiv?

Sicherlich ist ein verbasteltes Fahrzeug schwieriger zu restaurieren als ein originales, selbst wenn es in einem schlechten Zustand ist. Genau deswegen erregen Scheunenfunde soviel Interesse. Fahrzeuge im Originalzustand, deren Wartung vernachlässigt wurde oder an denen Arbeiten überfällig sind, haben trotzdem den unbestreitbaren Charme, vollständig auf den originalen Bauteilen zu basieren. In gutem Zustand sind sie immer häufiger gefragt. Neben ihrer historischen Bedeutung werden sie im Vergleich zu restaurierten Stücken auch immer seltener.

Nach was sollte man sich umschauen?

In den vergangenen drei Jahren hatten Porsche, wegen der Entwicklungen beim 911, eine grosse Bedeutung, ebenso wie Ferrari mit den Dino 206/246 und später den 308/328 oder dem BMW 507. Autos, die es zu beobachten lohnt sind die M3-Versionen der BMW E30 3er Serie, Mercedes-Benz mit der 190er Serie (W201) in der Version 2.3 – 16 und die W111/112 Coupés von Designer Paul Bracq aus den frühen 1960ern. Audi hat den Ur-Quattro und Maserati Fahrzeuge aus den 60ern wie der Ghibli, der 3500GT oder der Mistral, die deutlich unterbewertet sind, wenn man die Preise ihrer zeitgenössischen Konkurrenten zum Vergleich heranzieht.

Ein interessanter Punkt im heutigen Markt ist, dass trotz einer steigenden Zahl von Investoren, die meisten Käufer immer noch aus persönlicher Begeisterung heraus kaufen und nicht aus geschäftlichen Gründen. Sie wollen das Auto für Reisen und Wettbewerbe nutzen. In dieser Beziehung sind Classic Cars ein sicheres Investment das nicht nur ein ökonomisches Risiko beinhaltet sondern auch einen Return in Form von persönlicher Freude.

Bitte besuchen Sie The Classic Car Trust für weitere Informationen
Weitere Informationen zu den Arizona Auktionen 2016
Weitere Informationen zu den Auktionen in Paris 2016

Massimo Delbò

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